Mittwoch, 2. Februar 2011

Der Dichter & der Wanderer

Ich sitze hier schon seit elf Tagen.

Ich bin unter Beschuss. Die Geschosse beißen mich in meinen Körper.

Das sind Augenblicke, die man noch nicht Vergangenheit taufen kann, die da beißen. Das sind Möglichkeiten, die vor Entfernung schon weiß sind. An meinem glatten Hals hängen die Tatsachen. Beißend.

Und da, wo ich sitze heißt: Ich kann jetzt nichts mehr anders herum angestoßen haben. Ich kann nicht umdichten was ich gesungen habe für die Ohren die einst daran erstickten. Ich kann nur voll Sommer sein und Feuer und Schweiß und neues schreiben – soviel dass an allem jemand stirbt und kann nur so viele Schaukeln anstoßen, auf denen fette Leute sitzen, fett im Kopf.

Was sitzt du dann herum so lange? Was sitzt du nur so ewig! Dann geh doch auf der runden Erde wieder. Das Sitzen macht sich faul!

Die Erde ist zu gebogen. Wenn ich mich erhebe fließ ich abwärts wie die Fische.

Geh mit mir. Dummkopf. Der Boden trägt! Schau her!

Mich trägt ja sonst nichts.

Was sitzt du denn noch! Ich habe dich satt wenn du sitzt und viel redest und wenig leise bist.

Ich habe Angst! Ja! Gut! Ich gestehe das! Ich stehe nicht auf weil ich Angst habe! Vor dem Boden! Vor der Krümmung, die die Welt macht! Ich fürchte mich!

(Lacht!) Da hab ich dich ertappt du Hund! Na also! Kommt es endlich raus! Du hast ja doch eine Seele! Haa! ich hab deine Seele ertappt! Du hast Moral! Und ich bin Zeuge ihrer Geburt! (Lacht)

Moral – sie ist weniger als Luft. Sei Zeuge von etwas, das es gibt. Aber etwas zu finden, was nicht da ist… Dein Kopf ist auch schon überfressen.

Was bereust du, Teufel? Was lässt deine mickrige Seele nicht in Ruhe? Was lähmt dich so. Du schämst dich. Du schämst dich heimlich, weil du nie dir eingestehst, dass du dich schämen kannst. Und jetzt sitzt du hier herum – errötest vor Erinnerung und nennst die Röte Feuer, das dich schreiben lässt. Du erhebst nur deinen faulen Kiefer, nicht dich ganz und nennst es Angst! Was soll das alles. Was schämt er sich. Was treibt ihn denn in diese feige Höhle?

Ich schäme mich für nichts! Für nichts! Für niemals etwas und niemals werde ich mich schämen! So etwas gibt es gar nicht! Ich bin soviel Gott, dass ich das von ihm geerbt habe! Die Unfähigkeit jeder Scham! Jeder Schuld! Ich bin dessen unfähig. Verstehst du das nicht! Ich kenne sowas nicht!

Dann komm. Dann nehm meine Hand und geh mit. Ich will in die Welt mir dir. Die Welt. Komm mit, komm schon. Komm schon! Gut. Gehen wir. Gut. Das ist gut. Gehen wir. (Dichter schon lange weg)

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