Freitag, 31. Oktober 2008

Endlosschleife

Der Schnee erinnert mich an alles. Ich sehe die Landschaft um mich herum, weiß und symbolbehaftet. Unter der nicht perfekten Schneedecke, dünn aber dennoch hart und steif, lugt dunkles Tanngrün oder schwarzgefrorene Erde hervor.

Sein Geruch ist wie in meine Nase eingebrannt, und wenn dich irgendetwas auf der Welt in eine andere Zeit versetzen kann, dann sind das Gerüche, oder zeitweise auch Träume.

Fast teilnahmslos betrachte ich die wirklich scheinende Fotographie des letzten Winters. Ich kann nicht mehr frei denken. Ich kann nicht mehr frei fühlen, und doch bin ich frei und allein. Beide Hände, wenn sie rot sind vor Kälte in den Taschen, die Eiswinde in der Lunge. Dieselbe Musik scheint mich zu umspielen.

Ich fühle mich wie in einem Film: Ich stehe im Winter, der Himmel ist verhangen und hat die Farbe von nassem Schnee. Ich blicke ins Nichts, in mich gleichzeitig, gehe wie in Trance immer dieselben Wege, und komme nie an. Nie an. Der Film wäre eine Endlosschleife. Winter, um Winter.
Es ist nicht gut wenn mich eine ganze Jahreshälfte daran erinnert.

Meine Gefühle werden zu wirklichen körperlichen Gefühlen. Als wäre mein Brustkorb eingeschnürt und nach oben gezogen, ständig. Mein Herz ist wie gefangen, hochgesogen und doch so frei schwebend, und schwer zugleich. Gen Himmel strebt es. Es zieht wirklich und ist warm und rhythmisch. Fast, als wäre mein Herz angewachsen auf seine dreifache Größe. Immer wieder schwappt es über und mein Hals ist wie gestreichelt. Fast schmecke ich es. Gleichzeitig dehnt es sich nach unten hin aus und drückt auf mein Zwerchfell. Und doch ist immer viel Liebe dabei. Grenzenlose.

Und es hebt die Welt aus den Fugen.

Die Kameraperspektive wechselt. Wieder meine trabenden Füße. Dieselben Wege immer wieder. Der Schnee.

Mittwoch, 22. Oktober 2008

Kostümkiste Wort und Zeit.

An ein Etwas, ein Undefinierbar,
Liebe, Schwäche, Sehnen nach Küssen und
Alles ähnliche,
und du
und ich
und die Wahrscheinlichkeit von alledem:

Nimm dir doch deine Verkleidung,
zieh sie an immer wieder anders,
unbemerkt, und doch gewusst,
Maskiere dich und morde dann
Nachts.

Morde dann nachts.

Blitze auf,

Vorhang kaum Berührt,
Gesichtet
Zugeschlagen:

Du kannst.
Ich weiß.

Am Fährhafen nachts.
Kreidefelsen umgeben keine Menschen.
Großangelegte Mechanik, sie ist tot.
Und gelbes Licht, Gelb und gespiegelt vom Nassen Beton,
Beton überall. Schwarz, wie Himmel versucht platt zu treten.
Und Meer.
Und einsam.
Wohl in gelbem Nebel und meinem Körper.
Und
eine Stimme erschallt. Über allem. Aus allem heraus. Frauenstimme,
alles hallt sechsmal nach. Jede Silbe hallt sechsmal.
Und in vier Sprachen formt sie Worte,
Gottes stimme,
stimme der Kreidefelsen.
Und die Stimme verebbt, wie nie da gewesen,

Doch mir steigt sie hinab,
denn Mechanik ist auch nur Verkleidung,
mir steigt sie hinab
maskiert noch immer,
sichtet,
mordet,
die Stimme: die Schwäche.
Kostümkiste Wort und Zeit.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Setze deine Lippen

Setze deine Lippen an
und sauge die Vernunft
aus Honigwaben.
Tropfen soll sie,
in Schlieren dich vollends verdecken
und goldversteinert
erstarrst du.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Wangen.

Rote Energiefelder, expandierend:
Wangen treiben mich um in der Welt. Ich grabe mich
durch Eiswinde hindurch, gerade und taub. Steinwege
entlang, lang und gerade. Ein ewiges Geradeaus, die absolute Stille. Im Stein.

Vielleicht kann der kalte Wind die Hitze von meinen Wangen abschmirgeln, abpellen, abreißen
Mein Gesicht fluten, der kalte Wind
Bevor das Glühen beginnt sich selbst zu schüren
Woher dieses Glühen und Hitzen
Woher der kalte Wind
Pluspol, Minuspol Welt, Himmel, Höllenidee: Das hieße kalter Himmel nach dem Tod.

Vielleicht mein ganzes Gesicht mit Stein vermischen, mit Stein und Wind, mit Welt?
Damit das Glühen glühen kann, wieso auch nicht.
Wenn Unbewusst doch Gründe findet…