Sonntag, 20. Juli 2008

Foretaste forever

Wir betraten das Restaurant an der Peripherie des Gewohnten,
für mich - wenn man dich fragt, an der Peripherie der Moral.
Die Raumdecken auf baumhohen Säulen thronten,
Das Licht war gedämmt, Atmosphäre: sakral.
Wir ließen die Glocke ertönen, die eigens dafür gegossen war,
sofort reservierte uns für diese Nacht ein junger Tisch für zwei.
Speisekarten legten in Schnörkeln dar:
Gericht des Tages: Tischpartner im Liebeshunger. Doch es steht uns nicht frei
uns zu essen. Du fragst, ob das Candle-light-dinner
nun ein Vorgeschmack für immer sei?

Samstag, 19. Juli 2008

Tiefe Sonnen

Tiefe Sonnen schenken wärmste Strahlen. Die Sonne liegt tief. Sie verabschiedet sich nicht, genau wie du das nie tust. Je tiefer sie gesunken ist, in den letzten Momenten, desto wärmer und liebender sind ihre Strahlen geworden. Die Sonne liegt tief. Sehr tief. Man könnte es Nacht nennen. Ich nenne es tiefe Sonnen.

Luft kann vor Leichtigkeit schon schwer sein. Die Luft scheint leicht. Doch bei jedem Atemzug drängt sich mir ihre Leichtigkeit so sehr auf, dass es mir zu viel wird. Dein Geruch drängt sich auch immer auf. Schließlich höre ich auf zu atmen.

Seelendramatik entflieht dem Wahren. Meine Seele verschwindet. In ihr regt sich so viel, Liebe neben Wut, und dauernd das Sorgen um eine Entscheidung, die ich doch nur akzeptieren und nicht fällen kann. Indem sie die Wirklichkeit verlässt, verlässt mich die Spannung. Wen wirst du verlassen?

Geistlose Gedanken locken Glück herein. Glückähnliche Empfindung stellt sich ein. Ich kann an Dinge denken, ohne Gefühle zu befürchten. Die Gedanken ohne Seele fühlen sich fremd an. Sie fühlen sich fremder an, als deine Gedanken in mir. Und so ermöglichen sie die Herrschaft der Phantasie. Traumland.

Sehnsucht hört auf zu existieren. Sehnsucht hat neun Buchstaben. Was bedeuten sie nochmal? Wenn ein andauernder Ausnahmezustand zu unbemerkbarer Gewohnheit wird.

Erinnerung. Erinnerung ist ewig. Ich habe vorgeschlagen die Erinnerungen zu löschen. Das wäre traurig, hast du gesagt. Deshalb behalte ich sie. Ich muss nur den verborgenen Tunnel zu den nur kurzfristig abwesenden Gefühlen kappen. Sonst könnte ich dich am Ende doch noch vermissen.

Samstag, 12. Juli 2008

Gerade noch...

Gerade schwammen wir noch in unserm Wunder.
Sag, wo ist es hingeschmolzen, wohin, mein Schönster?
Gerade schwammen wir noch in unserm Wunder,
jetzt regnet Sehnsucht aus meinem Firmament.
Sind wir so hoch geflogen, dass unser Meer
am Himmelsdach zerschellte?
Ist es verglüht vielleicht am brennenden Gefühl?

Weil ich nicht weiß, was ist, träume ich zuviel.
Sitze alleine, auf Stein und kalter Luft.
Lieder tragen meinen Geist durch Zeiten,
weg von dir, um zu vergessen, dass Zeit noch existiert.
Doch zieht zuviel von mir nicht mit in diesen Krieg.
Mein Körper fühlt noch nach, ganz tief, kriegt nie genug. Nie?

Lenke mich, denn ich weiß nicht wohin.
Lass mich nicht auf kalten Steinen liegen.
Trag mich fort, mir fehlt die Kraft dazu und auch der Wille.
Darf ich hoffen? Darf ich? Macht es Sinn?

Gerade schwammen wir noch in dem Wunder.
Halte es fest mit mir, es ist zu groß für mich allein.
Das Wunder, und ich kann es nicht vergessen,
und auch nicht deinen Satz dabei,
soll er denn nicht verwirklicht sein?

Donnerstag, 3. Juli 2008

Pollen

So sitze ich. Das Klassenzimmer ist durch zwei quadratische Säulen durchstochen. Die Tafel, deren schwarzgrün mit einem weißem Belag verschmiert ist, steht schief, steht unsymmetrisch in der Mitte. Auf ihr reihen sich Zahlen und Worte, die Zahlen beschreiben. Sie sind korrekt und weiß. So sitze ich. In einer sich mir aufzwingenden Institution, mit ihren uralten hölzernen Wandleisten, von der die Tafel schon den schwarzen Lack abgeschabt hat. Ich sitze mit Leuten, zwischen denen ich schon seit sechs Jahren sitze, Leute, deren Namen sich seit sechs Jahren in derselben Reihenfolge auf den Listen platziert finden. Wir sind Listenkinder allesamt. Man kann uns mit Zahlen ausdrücken. Mir ist noch nie aufgefallen, dass der Raum zart rosa gestrichen ist. Vielleicht, weil ich noch nie erste Reihe saß.

Ich saß immer zweite Reihe, mittlere Reihe, denn es gibt nur drei. Ich saß in der Mitte der mittleren Reihe. Dazwischen, zwischen allen andern, die alle mittelmäßig sind. Manche der Leute kenne ich. Manche nennen mich ihre Freundin. Einer ist in mich verliebt. Er sitzt dritte Reihe. Vor ihm fühle ich mich sehr gemein. Und einer ist sogar in mich verliebt und ich in ihn, sehr stark, es drückt im Bauch, zweite Reihe. Aber die Umstände lassen es nicht zu, die Umstände – es werden am Ende wieder Zahlen sein. Die Umstände – deswegen sitze ich heute erste Reihe.

Niemand, der es nicht erlebt, wird glauben, dass eine Mathestunde so inhaltslos sein kann. Ich betrachte das brachliegende Holz der Wandleiste. Stünde die Tafel symmetrisch, sähe man sie nicht. Niemand würde glauben, dass man hier wirklich nur seine Zeit absitzt. Aber jeder fügt sich, es geht nur um die Listen.

Sogar der Tafelschwamm ist weiß. Es gibt kein Waschbecken in dem Raum. In ihm hängt weißer Staub. Er hat Zahlen zerstört, hat sie gebrochen, in sich gefangen so gut er kann. Nichts mehr als Partikel sind es. Sowieso ist alles nur Partikel. Und was an Zahlenpollen nicht weiß im Schwamm klebt, dass dickt die Luft an. Man kann die Zahlenpollen sehen. Weiß und scharfkantig hängen sie im stickigen Dunst. Wie Sterne stehen sie und ich kann durch sie laufen – ich werde zum Gott. Ob Sterne auch mal Zahlen waren?

Endlich erscheint der Lehrkörper wieder hinter den Kreidebrocken in der Luft. Er redet nicht. Also muss ich reden: sinus alpha gleich sinus hundertachtzig grad minus alpha sinus alpha gleich minus sinus dreihundertsechzig grad plus alpha minus cosinus alpha gleich cosinus hundertachtzig grad plus alpha tangens gleich sinus durch cosinus also tangens alpha …. ich sage es einfach in die Pollen hinein. gleich tangens hundertachtzig plus alpha eins und alpha zwei gleich hundertachtzig grad minus alpha - Tränen trauen sich nicht hinaus, weil sie mit dem Kreidestaub verkleben würden. Sinus alpha gleich cosinus betha gleich cosinus neuzig grad minus alpha. Meine Stimme bebt. Sie ist laut geworden und nicht mehr monoton, als ließe sie keine Zahlen erklingen sondern Worte mit Sinn, Worte die etwas verändern, die wahr sind, die wichtig sind, die schön sind. Sie ist so inbrünstig als schrie sie all die Gefühle heraus, die nicht herausbrechen dürfen, sie schlägt als Echo immer wieder gegen die numerischen Umstände wie gegen einen Steinbruch.

Mich beschleichen Zweifel ob ich überhaupt noch da bin. Bin ich? Sitze ich gerade und schreie Worte in die Klasse? Schreie ich? Träume ich?

Aber die Wut auf alles, die Wut auf Zahlen, auf den Lehrkörper, auf Listen, auf die scheinbare Korrektheit der Welt schießt durch mich hindurch, schneidet feine Ritzen in mich, fährt hindurch, nimmt mir Bewusstsein und löst mich schließlich auf. Es lässt mich aufstehen, zwingt mich dazu mich umzudrehen, ich sehe ihm in die Augen. Rede ich immer noch? Bin ich? Ist er? Sind wir? Mein Körper steigt über seinen Tisch, nimmt seinen Körper und saugt mit Gewalt alles aus ihm hinaus, was er haben will. Mein Körper saugt die Wärme seiner Haut, sein Lachen, seinen Geruch aus seinen Lippen, bis er Blut schmeckt. Blut – so schmeckt die Liebe.

Wie eine leere Hülle schmeißt mein Körper ihn danach hin, stößt sich den Weg frei und verschwindet aus dem Raum. Verschwindet, geht, geht sterben. Der Luftzug den die zuschlagende Metalltüre gebiert versucht die staubige Luft zu bewegen. Doch die Stille im Raum lässt sie starr sein.

Mein Körper hat sich aufgelöst. Und wo bin ich? Bin ich?

Ich sehe mich erstaunt um. Zwei Säulen durchstechen den Raum. Ich bin zu Pollen geworden, nicht zu Kreidepollen, zu Geistespollen. Ich schmiege mich in die dickflüssige Masse zwischen den Wänden und Körpern. Ich bin. Bei ihm. Frei und sinnvoll. Über allen andern. Über ihnen. Nie wieder dazwischen. Nie wieder.

Mittwoch, 2. Juli 2008

träumen lassen

Und nie hätte ich mir träumen lassen
dass du mich irgendwann
mit diesen Blicken umwebst
dieselbe Sehnsucht hegst
mich begehrst
kaum reden kannst vor Liebe.
Schau mich nicht so an,
bitte, wenn’s doch nicht gehen kann,
und sag mir nicht du überlegst,
denn denken kann man nicht
wenn man verliebt ist.
Nie hätte ich mir träumen lassen
dass es mich zwingt dich anzufassen,
deine Gefühle über die Wärme
deiner Hände, deiner Arme
in mich fließen zu lassen,
erst satt sein zu können,
kannst du Berührung gönnen.
Nie, dass dein Körper warm vor Wollen
gefüllt ist, und am überquellen
vor lauter dröhnendem Gefühl
tu’s doch, wenn du wirklich willst.
Lass es doch zu.
Nie hätte ich mir träumen lassen,
dass alles so sein kann.
nie, dass der Traum mehr wird als ein Traum –
doch er ist’s geworden, viel wundersamer
als je gedacht.
Lass es doch zu.